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Chennai – Bern

Eingefügt von admin   Mai 20, 2010 in Asienreise 2009/2010

Nach dem wirklich schlechten Start in Chennai war es für uns eine richtige Wohltat wieder einmal in der Natur zu campen. Wir fanden auf dem Weg von Chennai nach Goa, wo wir unseren „alten“ Reisefreund Urs treffen wollten, einige wunderschöne Plätzchen zum übernachten. Es gibt sie also doch in Indien, die Orte ohne Hektik, ohne Verkehr, ohne Abfall, ohne Lärm – unsere Stimmung hob sich von Tag zu Tag.

In Goa konnten wir tatsächlich ein grosses Wiedersehen mit Urs feiern. Da er von Norden und wir von Süden kamen, konnten wir viele Erfahrungen und Tipps austauschen.

Die Szene an den Stränden von Goa ist wirklich sehr speziell. Neben den jungen Leuten, die sich hier (mit Drogen) selbst verwirklichen wollen, leben tatsächlich noch einige „Original-68-er“ hier. Es ist wirklich witzig Damen und Herren im Alter zwischen 60 und 80 Jahren in Hippiekleidern, mit ausgelatschten Sandalen und mit einem Joint in der Hand zu sehen.
Wir zogen es vor, diesem Rummel zu entfliehen und fanden vom Massentourismus noch nicht entdeckte Strände.

Von Urs erfuhren wir, dass es in Indien noch frei lebende Tiger geben soll. Also machten wir uns auf den (Um-) Weg zu den Nationalparks im Zentrum von Indien. Wir hatten riesiges Glück und konnten tatsächlich vom offenen Jeep aus einen stattlichen Tiger beobachten.

Indien weist auch zahlreiche kulturelle Highlights auf. Neben den bekannten Bauten wie Taj Mahal in Agra oder dem goldenen Tempel in Amritsar sahen wir viele kleine, reizende Tempel. Die Religion wird in Indien gelebt, gehört zum Alltag und ist im Gegensatz zu Europa sehr farbig.

Indien war für uns äusserst spannend und sehr interessant zu bereisen. Allerdings waren die 5250 mit dem eigenen Fahrzeug in Indien gefahrenen Kilometer manchmal auch sehr anstrengend. Ein paar eindrückliche Erlebnisse der intensiven Zeit in Indien sind im Bericht „Incredible India“ geschildert.

Wie vorgesehen führte unsere Weiterreise über Pakistan und Iran in die Türkei. Die beiden ersten Länder waren für uns doch recht grosse Fragezeichen. Von anderen Reisenden hörten wir, dass man in Pakistan und teilweise im Iran nur mit Polizeieskorte reisen kann. Den internationalen Nachrichten im Internet konnten wir nur Negativmeldungen entnehmen.

Mit einem gewissen Unbehagen reisten wir also zum einzigen offenen Grenzübergang zwischen Indien und Pakistan. Wir wurden mit einem „Welcome in Pakistan“ begrüsst. Die Zollformalitäten wurden rasch und freundlich erledigt. Die Zöllner verzichteten sogar auf eine Durchsuchung des Fahrzeugs. Zu unserem Erstaunen wurden wir nach kurzer Zeit aus dem Zollareal mit einem „Have a nice journey in Pakistan“ entlassen. Wir konnten also ohne Polizeibegleitung fahren – welche Überraschung!

Was wir auf unserer Durchquerung von Pakistan und Iran dann so alles erlebten, beschreibt Brigitte aus der Sicht der Frau im folgenden Artikel. Ich erwähne an dieser Stelle nur, dass in Pakistan die schönsten Lastwagen, Busse und Traktoren der Welt fahren. Im Iran gibt es hingegen das billigste Diesel der Welt. Wir bezahlten für eine Tankfüllung von 100 Litern umgerechnet Fr. 2.00!!! Richtig ein Liter kostet 2 Rappen!!!

Nach 18 sehr intensiven und anstrengenden Reisetagen in Pakistan und Iran freuten wir uns auf ein paar Tage Erholung in der Türkei. Von Erholung konnte jedoch vorerst noch nicht die Rede sein. Die ersten Tage in der Türkei kämpften wir mit winterlichen Bedingungen. Regen, Frost und Schnee waren unsere Begleiter. Aus diesem Grund beschlossen wir möglichst rasch an die Südküste zu fahren. Hier fanden wir wirklich ideale Reisebedingungen: schönes Wetter, nicht zu heiss und nicht zu kalt, wenig Touristen.

Nach ein paar Tagen am Meer merkten wir, dass wir alle etwas erschöpft und ausgelaugt waren. Nach der intensiven Zeit in Indien, der teilweise anstrengenden Durchquerung von Pakistan und Iran hatten wir wirklich dringend Erholung nötig. So beschlossen wir noch ein paar Tage Ferien im herkömmlichen Sinn in der mediterranen Südtürkei zu machen. Es gibt hier noch wunderbare, vom Tourismus nicht verbaute Buchten mit glasklarem Wasser.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge machten wir uns definitiv auf den Heimweg. Einerseits freuten wir uns wieder auf die eigenen vier Wände und auf das Wiedersehen mit Freunden und Bekannten. Andererseits wären wir noch gerne etwas in wärmeren Gefilden geblieben, als wir uns über das Wetter in der Schweiz informierten.

Mit der Fähre überquerten wir die Dardanellen und betraten seit langer Zeit wieder einmal europäischen Boden. Nun ging’s quer durch Griechenland bis nach Igoumenitsa, wo wir die Autofähre nach Venedig nahmen. Dieses Schiff verfügt über ein so genanntes Campingdeck, d.h. wir konnten an Bord in unserem Auto übernachten. Für uns war dies eine erholsame und kostengünstige Weiterreise. Die Einfahrt in den Hafen von Venedig war wirklich toll, da sich die Stadt bei strahlendem Sonnenschein von ihrer schönsten Seite zeigte.

Wie nicht anders zu erwarten war, wurde das Wetter immer schlechter, je mehr wir uns der Schweiz näherten. In Bellinzona übernachteten wir das letzte Mal auf unserer Reise im Auto – beim strömendem Regen und winterlicher Kälte.

Zum Glück durften wir bei unserer Ankunft in Köniz einen wirklich warmen und herzlichen Empfang durch Freunde und Nachbarn erleben, sonst wären wir vielleicht sofort wieder in den Süden gefahren.

Daniel

 
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Pakistan – Iran aus der Sicht von Brigitte

Eingefügt von admin   Mai 20, 2010 in Asienreise 2009/2010

Vor dem Grenzübertritt nach Pakistan stellte ich mir die Frage, ob es notwendig oder sinnvoll wäre, ein Kopftuch zu tragen. Immerhin wollten wir durch ein streng moslemisches Land reisen. Da jedoch in Pakistan keine offizielle Kopftuchtragepflicht besteht, verzichtete ich aus Solidarität zu den Frauen auf das Kopftuch.

In der Grossstadt Lahore war ich mit meinen sichtbaren Haaren auch nicht allein. Wir sahen tatsächlich einige Frauen ohne Kopftuch. Die ganze Stadt wirkte recht europäisch, was mich etwas überraschte. Dass in Lahore wohl doch einige Probleme bestehen, merkten wir an den strengen Kontrollen von Personen und Fahrzeugen bei Hotels, Banken und anderen Gebäuden. Überall waren bewaffnete Securityguards postiert. An jeder wichtigen Kreuzung und vor jedem grösseren Hotel schauten Männer mit Maschinengewehren hinter Bergen von Sandsäcken hervor. Auch wenn sich das Leben in der Stadt eigentlich fast normal abspielte, hatte ich doch ein mulmiges Gefühl.

Sobald wir auf dem Land und in den kleineren Städten unterwegs waren tauchten wir in eine reine Männerwelt ein. Frauen waren auf öffentlichen Strassen und Plätzen kaum mehr zu sehen. In den Geschäften und Märkten verkauften nur Männer ihre Waren. Die wenigen Frauen, die wir sahen, waren alle verschleiert (bei 40°C). Diejenigen, die von Kopf bis Fuss einen schwarzen Umhang trugen, nannten wir unter uns spasseshalber „Gspängschtli“.

Auf unserer Fahrt Richtung Iran wollten wir einmal etwas ausserhalb eines Dorfes campen. Die Dorfbewohner waren sehr freundlich und erklärten, dass wir gerne bei ihnen übernachten könnten. Ein Mann, der sich immer im Hintergrund hielt, rief jedoch die Polizei. Die Polizisten erklärten dann mit netten aber bestimmten Worten, dass wir besser auf dem Polizeiposten übernachten würden. Statt an einem schönen Platz auf dem Land, mussten wir auf einem staubigen Platz direkt an der Hauptstrasse übernachten.

Ein weiteres komisches Erlebnis hatten wir in der Stadt Multan. Daniel und ich fuhren von unserem Hotel mit dem dreirädrigen Taxi zu einem schönen Monument, das wir besichtigen wollten. Als wir am Spazieren waren, kam schon die Polizei und fragte, wo unser Bodyguard sei. Als wir erklärten, dass wir keinen Bodyguard hätten, empfahlen sie uns, aus Sicherheitsgründen wieder ins Hotel zu gehen, was wir schliesslich auch taten.

Ungefähr 100 km vor der Stadt Quetta wurden wir bis in die Stadt von der Polizei begleitet. Quetta befindet sich nahe der afghanischen Grenze und wird als Hochburg der Islamisten bezeichnet. Wir übernachteten in unserem Auto auf einem sicheren Hotelparkplatz.
Quetta war für mich eine furchtbare Stadt: überall nur Polizei und Armee; Frauen sah man überhaupt keine; es war richtig ungemütlich.

Am nächsten Morgen wartete schon unsere Polizeieskorte, die uns die nächsten 700 km entlang der Grenze zu Afghanistan bis zum Grenzposten mit Iran begleiten und beschützen sollte. Eigentlich war es nicht eine einzelne Eskorte, sondern die Polizisten wechselten sich alle paar Kilometer ab. Manchmal begleitete uns ein Auto mit mehreren bewaffneten Polizisten, manchmal ein Motorrad mit einem Fahrer und einem Scharfschützen, manchmal fuhr auch ein einzelner Polizist in unserem Auto mit, der ein altes Gewehr bei sich trug.

Die Fahrt bis zur iranischen Grenze war recht stressig, weil wir wegen dem Transitvisum viel fahren mussten. Zudem waren wir uns auch nicht gewohnt, ständig von bewaffneten Personen begleitet zu werden. Ich muss an dieser Stelle jedoch auch erwähnen, dass die Polizisten in Pakistan immer sehr freundlich und gut organisiert waren. Die Wechsel der Eskorten gingen rasch, manchmal mussten wir nicht einmal anhalten.

Ganz anders war es im Iran. Die Polizeieskorte war sehr schlecht organisiert. Bereits an der Grenze mussten wir zwei Stunden auf einen Polizisten warten, der uns sofort die Pässe abnahm. Auch auf den nächsten 550 Kilometern, die die Polizeibegleitung andauerte, mussten wir bei den Wechseln immer wieder lange warten. Am schlimmsten waren jedoch die Polizisten selber. Sie waren alle sehr arrogant und sprachen überhaupt kein englisch – richtig unsympathische Machotypen. Im Gegensatz zu Pakistan hatte ich im Iran das Gefühl, dass uns die Polizei nicht beschützen, sondern kontrollieren wollte. Die Zeit mit der Eskorte war im Iran wirklich sehr, sehr mühsam.
Nach sechs Tagen ununterbrochener Polizeibegleitung waren wir wirklich froh wieder frei reisen zu können.

Frei reisen ist ein relativer Begriff. Ich musste im Iran ein Kopftuch tragen, Kleider mit langen Ärmeln und Hosen oder Röcke, die bis zu den Knöcheln reichten. Diese Regeln gelten auch beim Autofahren, im Restaurant und sogar auf dem Balkon des Hotelzimmers.

Wir fuhren nach Isfahan, wo ich mein Geburtstagsgeschenk einlösen durfte: ein Aufenthalt im luxuriösen orientalischen Hotel Abbasi. Isfahan ist eine sehr angenehme und ruhige Stadt. Wir besuchten die wunderschönen Moscheen, den Bazar und den berühmten Platz „Meydan-e Emam“, wo sich viele Leute tummelten. Die Iraner und vor allem die Iranerinnen sind sehr kontaktfreudig und wollten häufig Fotos mit mir machen. Die Frauen, die mich ansprachen waren nicht die „Gspängschtli“, sondern die modernen Iranerinnen. Es war offensichtlich, dass sie das Kopftuch lieber nicht getragen hätten. Eine modebewusste Frau kann sich im Iran wegen den Kleidervorschriften kaum vorteilhaft anziehen.

Alle Leute, die wir im Iran getroffen hatten waren – mit Ausnahme der Polizisten – wirklich immer sehr sehr nett.

Leider war unser Aufenthalt in Isfahan nur sehr kurz. Wir mussten weiter Richtung Norden fahren und die Türkei erreichen, bevor unser Transitvisum ablief. Auf sehr guten Strassen fuhren wir durch immer grüner werdende Berglandschaften. Im Hintergrund sah man die hohen Schneeberge – ein fantastisches Panorama.
Diese Landschaft erinnerte mich doch sehr an die Schweiz. Ich bekam fast ein bisschen Heimweh. Ich freute mich wieder nach Hause zu kommen.

Brigitte

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